Keiner hat’s gemerkt: Versehentlich beim Aufräumen an den Wasserkocher gekommen, dann hektisch den Pausenraum verlassen und schnell den wartenden Patienten behandelt… Und der Wasserkocher? Der überhitzt und brennt. Und der ganze Pausenraum mit dazu.
Die meisten Brände fangen klein an. Werden aber durch die Brand- und Rauchgasentwicklung innerhalb von Sekunden zur akuten Lebensgefahr. Deshalb bleibt nicht viel Zeit für Brandschutz in der Zahnarztpraxis. Denn zwischen Entstehungs- und Vollbrand eines Zimmers liegen nur wenige Minuten. Immens wichtig also, jetzt schnell und vor allem richtig zu handeln. Die Evakuierung muss stehen. Aufgaben müssen klar verteilt sein. Alle wollen und sollen in Sicherheit gebracht werden.
Mit diesem Artikel will ich dich sensibilisieren und du erfährst, welche Aufgaben du in Bezug auf Brandschutz in der Zahnarztpraxis erfüllen musst. Denn wenn es brennt, ist es zu spät sich darüber Gedanken zu machen.
Allzu häufig merke ich, dass Brandschutz auf die leichte Schulter genommen wird. Feuerlöscher werden nicht geprüft oder fehlen. Evakuierungspläne gibt’s nicht. Kurzum: Keiner weiß so richtig, was zu tun ist.
Aber: Wenn’s brennt, bleibt keine Zeit. Weder für Abstimmung. Noch für „ach hätte ich mal“. Brandschutz ist ein Thema, das vorher organisiert werden muss. Bevor es zu Verletzungen oder Schlimmerem kommt.
Häufige Brandursachen
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Die Brandursachen sind vielseitig. Wenn wir aber ehrlich sind, könnte man sie in den häufigsten Fällen vermeiden. Ganz vorne mit dabei sind die Themen:
- fehlende/mangelnde Wartung von elektrischen Geräten
- unsachgemäßer Umgang mit Arbeitsmitteln, Stoffen und Gemischen
- mangelndes Gefahrenbewusstsein beim Umgang mit Gefahrenstoffen und Zündquellen
- fehlerhafte, überhitzte oder überlastete elektrische Anlagen und Betriebsmittel (der Klassiker: der Mehrfachstecker am Mehrfachstecker. Oder der Wasserkocher, der unbemerkt angeschaltet wird und dann in Flammen aufgeht.)
Organisation von Brandschutz in der Zahnarztpraxis
- Gefährdungsbeurteilung durchführen, die auch Brandgefährdungen berücksichtigt.
- Technische und organisatorische Maßnahmen gegen Entstehungsbrände & Verhaltensregeln im Brandfall (z.B. Evakuierung) festlegen und dokumentieren.
- Aushang eines Flucht- und Rettungsplanes.
- Brandschutzmaßnahmen müssen an gut zugänglicher Stelle sichtbar gemacht werden. (z.B.in Form einer Brandschutzordnung oder eines Flucht- und Rettungsplans „Regeln für das Verhalten im Brandfall“).
- Fluchtwege und Notausgänge festlegen und freihalten.
- Brandschutzbeauftragte installieren. In der Regel sind 5% der Beschäftigten ausreichend. Schichtbetrieb etc. sind zu berücksichtigen. Die Ausbildung inkl. Löschübungen sollte alle 3-5 Jahre aufgefrischt werden.
- Instandhaltung und Prüfung von Brandmeldeanlagen und Feuerlöschern.
- Sicherheitsdatenblätter zu den Gefahrenstoffen vorhalten, ggf. Betriebsanweisungen erstellen.
- ggf. Sicherheitsbeleuchtung an Fluchtwegen.
- Sicherheits- und Gefahrenkennzeichnung.
- Lagerung von Gefahrenstoffen organisieren.
- Regelmäßige Unterweisung der Beschäftigten (vor Aufnahme der Beschäftigung, bei Veränderung des Tätigkeitsbereichs, mindestens jährlich).
- Feuerlöscher zur Verfügung stellen und instand halten.
Welcher Feuerlöscher ist denn nun der Richtige und wie viele davon sind sinnvoll?
Um das heraus zu finden, möchte ich dir ein Standardschema vorstellen:
1. Schritt | Du ermittelst die Brandklassen in deiner Praxis. |
2. Schritt | Du ermittelst, ob eine normale oder erhöhte Brandgefährdung vorliegt. |
3. Schritt | In Abhängigkeit von der Praxis-Grundfläche ermittelst du die Löschmitteleinheiten (LE), die für die nötige Grundausstattung an Feuerlöschern notwendig sind. |
4. Schritt | Du legst die notwendige Anzahl an Feuerlöschern und die entsprechenden Standorte fest. |
5. Schritt | Bei Bedarf (insbesondere bei erhöhter Brandgefährdung) legst du zusätzliche Schutzmaßnahmen fest. |
Schritt 1: Brandklassen ermitteln
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Quelle: Technische Regeln für Arbeitsstätten, Maßnahmen gegen Brände ASR A2.2, Stand Mai 2018
Schritt 2: Brandgefährdung ermitteln
Eine erhöhte Brandgefährdung liegt dann vor, wenn besonders brandgefährliche Stoffe und Geräte zu finden sind.
Der Blick ins Gefahrenstoffverzeichnis verschafft dir hier schnell einen Überblick. So sind z.B. Desinfektionsmittel, Reinigungsmittel, Säuren brandgefährlich. Auch Gaskartuschen oder elektrische Geräte, die Hitze erzeugen können stellen eine erhöhte Gefahr dar. Praxen mit einem eigenen Praxislabor dürften also als besonders brandgefährlich einzustufen sein. Auch Lachgas oder die Arbeit mit Sauerstoff erhöhen die Brandgefährdung.
Stellst du also im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eine erhöhte Brandgefährdung fest, so willst du neben den Feuerlöschern weitere Maßnahmen umsetzen.
Schritt 3: Löscheinheiten ermitteln
Anhand der Grundfläche deiner Praxis (pro Etage) ermittelst du die Anzahl der Löschmitteleinheiten (LE).
Achtung! Die LE sind nicht mit der Anzahl der Feuerlöscher gleichzusetzen! Folgende Tabelle gibt dir einen ersten Überblick:
Quelle: Technische Regeln für Arbeitsstätten, Maßnahmen gegen Brände ASR A2.2, Stand Mai 2018
Schritt 4: Bereitstellen der Feuerlöscher
Nun kennst du die in deiner Praxis vorhandenen brennbaren Stoffe (also Brandklassen), du kannst die Brandgefährdung einschätzen und hast anhand der Praxis-Grundfläche die LE berechnet.
Nun ist es an der Zeit, die richtigen und ausreichende Anzahl an Feuerlöschern zu besorgen und diese alle 2 Jahre zu warten.
TIPP: Einigen meiner Kunden ist das zu teuer. Daher kaufen sie lieber alle 2 Jahre neue Feuerlöscher und verwenden die Alten für praktische Löschübungen im Team.
Was muss ich im Umgang mit Feuerlöschern beachten?
- Feuerlöscher gut sichtbar und leicht erreichbar anbringen.
- Feuerlöscher vorzugsweise in Fluchtwegen, im Bereich der Ausgänge ins Freie, an den Zugängen zu Treppenräumen oder an Kreuzungspunkten von Verkehrswegen/Fluren anbringen.
- Die Entfernung von jeder Stelle zum nächstgelegenen Feuerlöscher soll nicht mehr als 20 m (tatsächliche Laufweglänge) betragen, um einen schnellen Zugriff zu gewährleisten. Bei erhöhter Brandgefährdung ggf. kürzere Wege.
- Feuerlöscher sind so angebracht, dass diese ohne Schwierigkeiten aus der Halterung entnommen werden können; für die Griffhöhe haben sich 0,80 m bis 1,20 m bewährt.
- Die Standorte von Feuerlöschern sind gekennzeichnet.
- Löschmittel sind an die Brandklasse anzupassen.
- Fluchtwege sind mit einer Sicherheitsbeleuchtung auszustatten, wenn bei Ausfall der allgemeinen Beleuchtung das gefahrlose Verlassen der Praxis nicht gewährleistet ist.
- In mehrgeschossigen Gebäuden sind in jedem Geschoss mindestens 6 Löschmitteleinheiten (LE) bereitzustellen.
- Um tragbare Feuerlöscher einfach handhaben zu können, soll auf ein geringes Gerätegewicht sowie auf gleiche Funktionsweise der Geräte bei Auslöse- und Unterbrechungseinrichtungen geachtet werden.
Erhöhte Brandgefahr! Und jetzt?
Zusätzliche Maßnahmen können z.B. sein:
- Anbringen von Brandmeldern, um Entstehungsbrände schneller zu erkennen.
- Die Anzahl der Feuerlöscher erhöhen, um die Wege zum nächstgelegenen Feuerlöscher zu verkürzen
- Zusätzliche, jeweils geeignete Feuerlöscher an Arbeitsplätzen mit erhöhter Brandgefährdung bereitstellen, um eine schnelle und wirksame Entstehungsbrandbekämpfung sicher zu stellen (z.B. Kohlendioxidlöscher im Serverraum)
- Reduzierung/ Begrenzung der Menge von brennbaren oder oxidierenden Gefahrenstoffen,
- Brandbeschleuniger wie herumstehende, leere Kartons entsorgen.
- Fluchtwege frei halten, Fluchttüren sind in Fluchtrichtung hin & leicht zu öffnen.
Sicherer und richtiger Einsatz mit Feuerlöschern
Im Ernstfall kommt es vor allem auf die sichere Handhabung an. Auf Schnelligkeit und die richtige Löschtaktik.
Quelle: DGUV Information 205-025 „Feuerlöscher richtig einsetzen“, Ausgabe Mai 2016
Achtung! Erstickungsgefahr bei Kohlendioxid (CO2) -Löschern!
Kohlendioxid-Löscher sind komplett rückstandsfrei und hinterlassen somit keine Löschschäden. CO2 ist nicht elektrisch leitend und eignet sich daher besonders für Serveranlagen.
ABER es herrscht Erstickungsgefahr, weil Kohlendioxid ein geruchs- und farbloses Atemgift ist.
Daher kann die Verwendung von CO2-Löschern in kleinen und engen Räumen lebensgefährlich werden. Schwindel, Krämpfe, Bewusstlosigkeit mit zu kurzfristig folgendem Tod. Kein Spaß. Daher gibt es hier ganz klare Vorgaben (DGUV Information 205-034), die dringend eingehalten werden müssen.
Pro Kilogramm CO2-Löschmittel muss mindestens eine freie Grundfläche von 5,5 m2 zur Verfügung stehen.
2 kg CO2 -Feuerlöscher erfordern mindestens 11 m2 freie Grundfläche.
5 kg CO2 -Feuerlöscher erfordern mindestens 27,5 m2 freie Grundfläche.
Es wird empfohlen, durch den Türspalt zu löschen und die Türe danach sofort zu schließen.
1. Schritt | Prüfen, dass sich keine weiteren Personen im Brandraum aufhalten |
2. Schritt | Den kompletten Inhalt des Feuerlöschers abgeben. |
3. Schritt | Es darf nur die für den Raum vorgesehene Löschmittelmenge verwendet werden. |
4. Schritt | Der Löschvorgang im Stehen mit aufgerichtetem Körper. |
5. Schritt | Nach Beendigung des Löschvorgangs ist die Tür zum Brandraum sofort zu schließen. |
6. Schritt | Andere Personen sind am Betreten des Raumes zu warnen, bis die Feuerwehr eintrifft. |
Quelle: DGUV Information 205-034 „Einsatz von Kohlendioxid (CO2)-Feuerlöschern
Mögliche Inhalte der Brandschutzunterweisung
1. Im Arbeitsbereich vorhandene Brandgefahren, z.B.
- Rauchen, Offenes Feuer (z.B. Kerze auf Schreibtisch, Feuerarbeiten)
- Selbstentzündende, mit Fett oder ölgetränkten Putzlappen (z.B. Leinöl)
- Nichtbestimmungsgemäße Handhabung von Elektrogeräten,
- Lagerung von brennbaren Materialien (z.B. Kartonagen in Flucht- und Rettungswegen)
2. Umgang mit Zündquellen (Betriebsanweisungen)
3. Maßnahmen zur Abwendung von Brandgefahren, z.B.
- Rauchverbote einhalten,
- Brandschutztüren nicht durch Keile oder ähnliches aufhalten,
- nur geprüfte E-Geräte bestimmungsgemäß verwenden,
- brennbare Abfälle nicht im Arbeitsbereich lagern,
- Flucht- und Rettungswege freihalten,
- Feuerlöscher jederzeit zugänglich bereitstellen (auf jeder Ebene!)
4. Verhalten im Brandfall, z.B.:
- Feuerwehr alarmieren (Notruf 112):
- Wo ist es passiert?
- Was ist passiert?
- Wer ruft an?
- Wieviele Personen sind betroffen?
- Warten auf Rückfragen?
- Die Feuerwehr oder Rettungsleitstelle beendet das Gespräch!
5. Flucht- und Rettungswege (Praktische Übung der Evakuierung, Flucht – und Rettungsplan): z.B.
- Verantwortlichkeiten für die Evakuierung festlegen (wer macht was?)
- Personen im Umfeld warnen und zum Verlassen des Gefahrenbereichs auffordern.
- Personen mit eingeschränkter Mobilität unterstützen
- Ruhig das Gebäude auf den Fluchtwegen verlassen
- Anweisung, Aufzüge im Brandfall nicht zu benutzen
- Sammelstelle aufsuchen
- Bei den Sammelstellenverantwortlichen melden
- Abwesenheitskontrolle oder Feststellung, ob betroffene Bereiche vollständig evakuiert wurden.
- Sammelstelle erst auf Anweisung der verantwortlichen Person verlassen.
Das Thema Brandschutz ist keine Raketenwissenschaft, sondern erfordert einfach mal Zeit, um sich konzentriert damit zu befassen und die notwendigen Schritte einzuleiten. In den Hilfreichen Links findest du gute Vorlagen, damit du schnell anfangen kannst.
Wie sagte Goethe so schön: Erfolg hat 3 Buchstaben: TUN.
Hilfreiche Links zum Thema Brandschutz in der Zahnarztpraxis:
Plakat Feuerlöscher richtig einsetzen
https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/3110
Alarm- und Notfallplan
https://www.bgw-online.de/bgw-online-de/service/medien-arbeitshilfen/medien-center/braende-verhueten-verhalten-im-brandfall-18962
Die Autorin und Auditorin steht für Qualitätsmanagement mit Leichtigkeit und Weitblick. QM muss von Anfang an nützlich und praktisch sein. Es soll dabei helfen, den Praxisalltag zu vereinfachen, gesetzliche Vorgaben einzuhalten und die Zusammenarbeit aller Beteiligten zu verbessern.